Die Kirchenzeitungen für die Bistümer Fulda, Limburg und Mainz
 Startseite -  Verlag -  Stellenangebote -  Inhalt -  Impressum -  Kontakt 
Flötender Mollenhauer in Holz
05.12.10

Flötender Mollenhauer in Holz

Schnitzer Gebhard Kessler verewigt Instrumentenbauer – Ausstellung der Fuldaer Krippenfreunde

 

Ausgabe 49 vom 5. Dezember

Beim Aufbau: Richard Büttner und Wolfgang Neidert (von links) an einer der Großkrippen bei der Ausstellung im Saal des Kanzlerpalais. Fotos (2): Hans-Joachim Stoehr

Musizierender Rhönwanderer: Gebhard Kessler hat den Fuldaer Flötenbauer Conrad Mollenhauer zum Vorbild einer Krippenfigur genommen.

Von Hans-Joachim Stoehr

Ein Holzschnitzer aus Stangenroth (bayerische Rhön) und ein Metzgermeister aus Fulda treffen sich in den 1930er Jahren. Die Begegnung der beiden hat Folgen. Der Bildhauermeister Gebhard Kessler und Wilhelm Will gelten als Erfinder der „Rhöner Krippe“.

Kessler wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden. Aus diesem Grund haben die Fuldaer Krippenfreunde ihre Ausstellung in der Adventszeit dem Rhöner Holzschnitzer gewidmet.

An Will wird ebenfalls erinnert. Denn von den 80 Jahren ihres Bestehens stand der Metzgermeister aus der Fuldaer Petersgasse die Hälfte der Zeit an der Spitze der Fuldaer Krippenfreunde. Von 1937 bis zu seinem Tod 1977 war Will Vorsitzender der Krippenfreunde.

Rhöner Bauernpaar und die Idee eines Metzgermeisters

Ein geschnitztes Rhöner Bauernpaar war der Ausgangspunkt für Wills Begegnung mit dem Holzbildhauer. Das Schnitzwerk Kesslers erwarb der Fuldaer auf dem Kreuzberg. Auf die Frage Wills, wo das Bauernpaar herstamme, erfuhr er: Die „Holzindustrie“ in Langenleiten hat die Figuren geliefert. „In der .Holzindustrie‘ wurden Artikel aus Holz angeboten, vom Aschenbecher über das Holzbrettchen bis hin zu Schnitzarbeiten“, erläutert Richard Büttner (Gersfeld), stellvertretender Vorsitzender der Fuldaer Krippenfreunde.

In Langenleiten erkundigte sich Will, von wem das Rhöner Bauernpaar geschnitzt wurde. Der Weg führte zu Gebhard Kessler in Stangenroth – nur wenige Kilometer entfernt vom Kreuzberg und von Langenleiten. Im Gespräch mit Kessler fragte er ihn, ob er auch Maria und Josef und das Jesuskind im Stil des Rhöner Bauernpaares schnitzen könne. „Das war die Geburtsstunde der Rhöner Krippe“, so Büttner.

Wie andere Holzschnitzer hatte Kessler in den Jahren zuvor die Figuren im alpenländischen Stil geschnitzt. „Mein Vater war einige Zeit in Oberammergau“, erklärt Manfred Kessler, der Sohn des Holzschnitzers. Bei den frühen Krippenfiguren seines Vaters aus den 30er Jahren sei dieser alpenländische Stil noch erkennbar.

Von den etwa 50 Krippen der Ausstellung stammen sieben von Kessler. Sie sind in verschiedenen Zeitepochen entstanden – zwei Krippen wurden in der frühen Schaffenszeit Kesslers geschnitzt. Eine davon stand lange Jahre in der Kirche von Langenleiten. Eine weitere – vermutlich aus den Jahren 1935/36 – ist im Besitz der Familie von Wilhelm Ricken. In einer der Figuren hat Kessler die Gesichtszüge von Conrad Mollenhauer verewigt. Der Fuldaer Flötenbauer war der Schwiegervater von Wilhelm Will. In der Krippe ist Mollenhauer als Rhönwanderer in Knickerbockerhosen dargestellt – und Flöte spielend. Den Hintergrund der Krippe bildet das Stadttor von Mellrichstadt.

Fehler von Krippenbauern: Schafe stehen vereinzelt

Richard Büttner traf Will erstmals bei einer Krippenausstellung der Petersberger Jugend Ende der 50er Jahre im damaligen Jugendheim. „Will kam, um sich unsere Krippen anzuschauen. Bei einer Krippe wies er darauf hin, dass die Schafe einzeln auf das Gelände verteilt wurden. Die Tiere müssten aber zusammenstehen – in der Herde.“ Büttner fügt hinzu: „Als ich das hörte, habe ich die Schafe in meiner Krippe schnell umgestellt.“ Das Ergebnis: „Will lobte mein Werk mit dem Hinweis: ,So ist es richtig gemacht.‘ “

Metzger Will war lange gleichzeitig Vorsitzender des Rhönklubs in Fulda. „Er sorgte dafür, dass jedes Rhönklubmitglied auch bei den Krippenfreunden mitmachte“, erklärt Wolfgang Neidert, einer der Nachfolger Wills im Amt des Vorsitzenden. Gründungsvorsitzender der Krippenfreunde vor 80 Jahren war der Fuldaer Lehrer Adolf Loskant. Ein großer Förderer der Krippenfreunde in den ersten Jahren war ein Franziskaner: Pater Ewald Müller vom Kloster Frauenberg. Die Minderbrüder sind bis heute geistliche Beiräte.

Die Ausstellung der Krippenfreunde ist bis 19. Dezember geöffnet. Dass die Schau bereits vor Weihnachten endet, ist begründet. Zum Fest der Geburt Christi werden die Krippen in den Häusern der Familien oder in Gotteshäusern aufgebaut.

Öffnungszeiten der Krippenausstellung: Dienstag bis Sonntag 10 bis 18 U

Hintergrund

Krippenbuch

Die Fuldaer Krippenfreunde gehören dem Verband Bayerischer Krippenfreunde an. Dieser Verband hat – rechtzeitig vor dem Weihnachtsfest – ein Buch herausgegeben. Der Titel: Geschichte der Krippe in Bayern.

Vorgestellt werden in dem Bildband Weihnachtskrippen, aber auch Passions- und Jahreskrippen aus Bayern. Darunter befindet sich auch eine Rhöner Krippe aus Fladungen.

Die Entstehungszeit der vorgestellten Darstellungen der Geburt Christi reichen vom Barock bis in die Gegenwart. Landkarten zeigen dem Leser, wo sich die Krippen befinden. Dies ist hilfreich für Krippenfahrten. Genannt werden zudem Museen, in denen Krippen ausgestellt sind.

Peter Riolini, Guido Scharrer: Geschichte der Krippe in Bayern, Straubing 2010, 74 Seiten 70 Farbfotos, 9,80 Euro Verband Bayerischer Krippenfreunde

Ihr Draht zu uns

Redaktion

Vor dem Peterstor 2
36037 Fulda
Tel. 0661 / 9724-0
Fax 0661 / 79652
Mail: fulda@kirchenzeitung.de

Abonnenten

Tel. 06431 / 9113-24
Fax. 06431 / 9113-37
Mail: vertrieb@kirchenzeitung.de

Anzeigen

Tel. 06431 / 9113-22
Fax. 06431 / 9113-37
Mail: anzeigen@kirchenzeitung.de