Die Kirchenzeitungen für die Bistümer Fulda, Limburg und Mainz
 Startseite -  Verlag -  Stellenangebote -  Inhalt -  Impressum -  Kontakt 
Klagemauer im Dommuseum
02.05.10

Klagemauer im Dommuseum

Gemälde das Geschenk eines Frankfurter Sammlers – Künstlertag im Bistum

 

Ausgabe 18 vom 2. Mai

Der Sammler, der Bischof, der Künstler: Dr. Hans-Joachim Haaßengier, der dem Dommuseum das Bild „Die Klagemauer“ geschenkt hat, Bischof Heinz Josef Algermissen und Gert Weber (von links). Fotos (2): Julia Jendrsczok

Gert Weber vor der „Klagemauer“

Von Ruth Lehnen

„Das ist das Bild, das bei den Bildern aus Romanik und Barock hier noch gefehlt hat – als Herausforderung. Ich bin sehr glücklich!“ Bischof Heinz Josef Algermissen ist dankbar für „Die Klagemauer“, ein Gemälde, das beim Künstlertag des Bistums im Dommuseum präsentiert wurde.

Das großformatige Gemälde von Gert Weber stand 1990 am Ende einer längeren Auseinandersetzung des Künstlers mit dem Thema „Mauern“. Das Bild „Die Klagemauer“ zeigt eine von Menschen gebildete Mauer, gegen die eine verwischte Figur anrennt. Der Frankfurter Dr. Hans-Joachim Haaßengier hat dem Dommuseum das Bild geschenkt, das bis vor kurzem in der Bundesbehörde für Stasiunterlagen in Erfurt ausgestellt war. In dem Bild komme durch die Bewegung der Menschen die Mauer zu Fall, sagte er. Für ihn ist es die Mauer, die Deutschland geteilt hat.

Viele junge Menschen sollen das Bild sehen

Haaßengier wünscht sich, dass besonders viele junge Menschen und Schulklassen das Bild sehen. Die Tatsache, dass die Kirche sein Geschenk angenommen hat und an so prominentem Ort ausstellt, wertet er als „revolutionären Akt“: „Das zeigt, wie modern und wie kühn die Kirche ist.“

Hans-Joachim Haaßengier ist im Landesamt für Denkmalpflege in Wiesbaden von hessischer Seite zuständig für die Denkmalpflege im Bistum Fulda. Mit Diözesanbaumeister und -konservator Burghard Preusler arbeitet er seit Jahren zusammen. Privat sammelt Haaßengier Kunst. Vor zehn Jahren kaufte der in Halle/Saale Geborene seine ersten Werke von Gert Weber.

Domdechant Werner Kathrein erinnerte bei der Übergabe des Bildes daran, dass auch das Bistum Fulda von der deutsch-deutschen Mauer in zwei Teile geteilt war. Er hoffe, die „Klagemauer“ werde die künftigen Besucher des Dommuseums „eine Mühe oder eine Frage kosten“.

Die Übergabe des Werks an das Museum setzte den Schwerpunkt beim diesjährigen Künstlertag, zu dem rund 120 Teilnehmer gekommen waren. Bei einem Pontifikalamt im Dom hatte Bischof Heinz Josef Algermissen seine Gäste auf das Thema eingestimmt, indem er über das Verbot sprach, sich Bilder von Gott zu machen.

Der Wunsch, Gottes Angesicht zu sehen, sei zwar verständlich, werde aber nicht so erfüllt, wie Menschen sich das vorstellten. Das Geheimnis der Inkarnation jedoch biete den suchenden Menschen eine Lösung: „Wir haben auf dieser Welt kein anderes Bild von Gott als den Menschen.“ Algermissen bat die Künstler, die Kirche immer wieder an diese Wahrheit zu erinnern, dass in den hilflosen, kranken, gequälten und entstellten Gesichtern, in den schönen und in den satten Gesichtern, in den überheblichen und demütigen, in den jungen und alten, unfertigen und abgeklärten Gesichtern Gottes Abbild zu finden sei. Er bat sie, bei der genauen Wahrnehmung zu helfen, damit die „Zustände unseres Lebens, unserer Welt in Worten und Bildern benannt werden und zur Provokation kirchlichen Handelns werden können“.

Jesus als Lehrer, der nicht schreibt

In seinem Vortrag „Bild, Wort, Fleisch – die Konkurrenz der Gottesmedien“ stellte Professor Eckhard Nordhofen, Leiter des Dezernats „Bildung und Kultur“ im Bistum Limburg, einen Prozess religiöser Aufklärung dar. Die selbst gemachten und dann angebeteten Bilder von Göttern seien vom einen Gott des Alten Testaments abgelöst worden, „der sich offenbarte, indem er sich entzog“. Die Gläubigen verständigten sich über seine Weisungen mittels der Schrift – eine Religion der Schrift entstand. Jesus jedoch habe als „Lehrer, der nicht schreibt, außer in den Sand“, die Buchreligion überwunden. In ihm sei das Wort zum Fleisch geworden, und werde es bei jeder Eucharistiefeier neu.

Auch Musiker beteiligten sich am Künstlertag: der Bassbariton Jochen Faulhammer (Kassel) und Christopher Löbens (Hünfeld) am Klavier brachten im Großen Chorsaal des Kirchenmusikinstituts moderne israelische Kompositionen zu Gehör.

Zur Person

In der DDR nur für die Abstellkammer gemalt

Gert Weber, 1951 in Thüringen geboren, nennt sein prägendes Kunsterlebnis die Begegnung mit einer Reproduktion des Isenheimer Altars in der Wohnung seiner Großmutter. Damals war er zwölf Jahre alt.

Bis er den Isenheimer Altar im Original sehen konnte, vergingen mehr als 30 Jahre: In der DDR seien ja Moskau und Leningrad näher gelegen als Fulda und Kassel, sagte der Maler am Rande des Künstlertags. Er habe sich an der Begrenztheit und Einschränkung im Land hinter der Mauer abgearbeitet, erzählt er: Dem 1990 entstandenen Bild „Die Klagemauer“ gingen Studien und Grafiken zum Thema „Mauer“ voraus. „Ich male Bilder, die mich aufwühlen, und die ich malen muss“, sagt der Künstler, der sich auch mit Glasmalerei und Restauration befasst. Zu DDR-Zeiten sei alles, was er gemalt habe, in den Abstellraum gewandert. 1990, nach dem Fall der Mauer, hat er dann viele Bilder verkauft.

Den Kirchen ist Weber sehr dankbar, weil sie den Künstlern einen Gegenpol zu staatlich verordnetem Weltverständnis geboten und so zur Wende von 1989 beigetragen hätten. Er hat schon häufiger für Kirchen gearbeitet, etwa in Wölfis und Herbsleben in Thüringen sowie in Reichensachsen im Werra-Meißner-Kreis in Hessen.

Internet: www.webbs-online.de

Ihr Draht zu uns

Redaktion

Vor dem Peterstor 2
36037 Fulda
Tel. 0661 / 9724-0
Fax 0661 / 79652
Mail: fulda@kirchenzeitung.de

Abonnenten

Tel. 06431 / 9113-24
Fax. 06431 / 9113-37
Mail: vertrieb@kirchenzeitung.de

Anzeigen

Tel. 06431 / 9113-22
Fax. 06431 / 9113-37
Mail: anzeigen@kirchenzeitung.de