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Menschen in Krisen nahe sein
19.12.10

Menschen in Krisen nahe sein

40 Jahre Ehe-, Familien- und Lebensberatung in Kassel – Feierstunde im Regionalhaus

Die „Gesichter“ der EFL-Beratungsstelle in Kassel: Doris Daub, Anette Leibold und Thomas Hartung Foto: Günter Wolf

Festredner: Norbert Wilbertz. Foto: Günter Wolf

Kassel (gw). 8000 Menschen suchten in vier Jahrzehnten ihren guten Rat: Die Ehe-, Familien- und Lebensberatung in Kassel ist ein gefragter Begleiter für Paare und Einzelne in Beziehungs- und Lebenskrisen. Haben Paare eine Lobby in Politik und Gesellschaft? Dechant Harald Fischer verneint diese Frage beim 40-jährigen Jubiläum der Beratungsstelle im Regionalhaus Adolph Kolping. Der Geistliche ist Vorsitzender des Vereins Ehe-, Familien- und Lebensberatung (EFL) im Bistum. Er sprach von alarmierenden Zeichen: „Außerhalb der Kirchen gibt es keine institutionelle Wertschätzung für Paare, für Ehe.“

Paarkonflikte sind Krankmacher

Dass dies kurzsichtig sei, sagten auch Andere. Der Festredner des Jubiläums, der Leiter der EFL im Bistum Münster, Norbert Wilbertz, stellte heraus: „Wenn Paare auseinandergehen, dann kostet das nicht nur viel Geld. Paarkonflikte sind auch wesentliche Krankmacher.“ Und: „Es gibt jede Menge politische und staatliche Strategien und Hilfen für Menschen aus gescheiterten Paarbeziehungen, aber keine, die Paaren helfen, zusammenzubleiben.“

Eine ernüchternde, aber ebenso beunruhigende Feststellung Wilbertz’, die vom Fuldaer Seelsorgeamtsleiter Rudolf Hofmann bestätigt wurde: „Die Gesellschaft weiß oftmals nicht, was sie einer intakten Partnerschaft von zwei Menschen verdankt.“

Prälat Hofmann weiß, woran es liegt, warum Paarbeziehungen oft scheitern. Er zitierte den verstorbenen Bischof Eduard Schick. Der hatte gesagt: „Unsere Zeit hat gute Analytiker, aber schlechte Synthetiker.“

Dechant Fischer nennt „in schwierigen Fällen“ eine gute Adresse in Kassel: „Die Menschen wissen, dass sie gut beraten sind, wenn sie sich hierher wenden.“ Die vier EFL-Beratungsstellen im Bistum seien „gute Aushängeschilder der Kirche“. Die dort geleistete Arbeit gehöre zum „Kernbereich von Kirche“.

„Wie oft schicke ich und andere Seelsorger in Kassel Menschen in unsere Beratungsstelle, weil hier kompetent geholfen wird“, sagte der Dechant. Die Beratungsstellen würden Menschen erreichen, mit denen Kirche sonst oft schwer oder gar nicht in Kontakt komme. „Überproportional viele Männer und überproportional viele Menschen zwischen 30 und 50 Jahren kommen in unsere Beratungsstellen“, so Fischer. Diese Personengruppen treffe man in den Gemeinden sonst weniger an.

Fischer betonte, dass „gerade die katholische Kirche, die mit einem sakramentalen Eheverständnis eine lebenslange, exklusive Beziehung von Ehepaaren meint“, ein großes Interesse habe, Hilfen zur Verfügung zu stellen, die es Menschen ermöglicht, den von vielen gewollten Weg einer lebenslangen Bindung zu gehen. Deswegen engagiert sich das Bistum für die EFL-Beratungsstellen.

„Unser Geld ist bestens in der Ehe-, Familien- und Lebensberatung angelegt“, sagte Prälat Hofmann. Der Seelsorgeamtsleiter sprach mit Blick auf die seelsorgliche Arbeit der EFL-Mitarbeiter in Kassel anerkennend von „40 Jahren Nahkampf, Bereitschaft mitzugehen, Standzuhalten und Menschen Halt zu geben“. Hofmann sagte, dass die EFL-Berater „ein großes Geschenk“ seien. Denn sie würden den Menschen in Lebenskrisen zuhören, Zeit geben, ihnen nahe kommen.

Diesen Einsatz weiß auch die Stadt Kassel zu schätzen. Stadträtin Esther Kalveram (SPD) attestierte der Kasseler EFL-Beratungsstelle, sich einen guten Ruf erworben zu haben. „Die Menschen können auf ihre professionelle Hilfe vertrauen“, so die Politikerin. Sie betonte, dass die Gesellschaft auf die „Solidarität des Einzelnen angewiesen“ sei. „Deswegen ist es wichtig, dass dieses Miteinander auch durch den Staat gefördert wird“, so Kalveram auf die Feststellung Fischers, dass Paare keine Lobby in der Politik hätten.

EFL-Beratungsstelle ein Juwel in Kassel

Meinolf Schäfers nannte die EFL-Beratungsstelle gar ein „Juwel“. Der Geschäftsführer der nordhessischen Caritas, der zugleich stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsausschusses des Regionalhauses ist, sagte: „Wir brauchen Euch in Kassel und in der Region.“ Deutlich machte er das an der großen Zahl der Beratungsfälle im Jahr und der hohen Beratungsqualität. Dass diese Arbeit vertraulich und damit verborgen stattfindet, mache den Mitarbeitern keine Probleme, denn: „Nicht öffentliche Erfolgsmeldungen sind das Ziel, sondern effektive Problemlösungen für die Menschen.“

Beratungsstellenleiter Thomas Hartung und seine Mitarbeiterinnen Doris Daub und Anette Leibold mochten diese anerkennenden Worte gerne gehört haben. Sie konnten eine große Gästeschar im Foyer und später in den Räumen der Beratungsstelle im dritten Stock des Regionalhauses willkommen heißen. Es waren neben Vertretern des Bistums und der Stadt Kassel vor allem Repräsentanten der im psychosozialen Netz in Kassel und Nordhessen verbundenen Organisationen. „Ihre Anwesenheit verstehen wir als Ausdruck der Wertschätzung und der Anerkennung unserer gemeinsamen Arbeit“, so Hartung.

Dass diese Arbeit vor vier Jahrzehnten in den eigenen Reihen skeptisch gesehen wurde, machte Thomas Hartung ebenso deutlich: „Da stand die große Frage im Raum, ob man so was braucht oder ob da überhaupt jemand kommt, um sich beraten zu lassen.“ Daher sei man stolz darauf, dass in den vergangenen 40 Jahren die EFL-Mitarbeiter 8000 Ratsuchenden aufzeigen konnten, wie das Leben besser gelingen kann.

Hintergrund

Beraten werden Paare und auch Einzelne

Wer wird beraten?

Der Mensch erfährt immer wieder seine Grenzen. Im Zusammenleben ergeben sich häufig Krisen und Konflikte. Wo aber die eigenen Bemühungen um Klärung von Konflikten scheitern, kann das Gespräch mit anderen weiterhelfen.

Wie wird beraten?

Die Beraterinnen und Berater versuchen im persönlichen Gespräch, auf die Ratsuchenden und ihre Fragen einzugehen. Dabei stützen sie sich auf die verschiedenen psychotherapeutischen Fachrichtungen. Bei Paarkonflikten ist es günstig, wenn beide Partner die Beratung aufsuchen. Einzelgespräche sind auch möglich.

Was will die Beratung?

Ziel der Beratung ist es, durch das Gespräch Hilfe zur Selbsthilfe anzubieten. Die Beratungsgespräche sollen für den Einzelnen oder die Partner Anstoß und Motor einer Entwicklung sein, in deren Verlauf neue Erkenntnisse gewonnen und neue Fähigkeiten ausgebildet werden.

Die Beratung findet nach vorheriger Terminabsprache in Gesprächen statt, die 50 bis 60 Minuten dauern.

Die Zahl der Beratungen ist in der Regel auf 20 Gespräche begrenzt.

Wer sind die Berater?

Die kostenlose Beratung erfolgt durch Männer und Frauen, die neben einem Studium der Psychologie, der Pädagogik, der Theologie oder einer ähnlichen Vorbildung eine mehrjährige Ausbildung zum Ehe-, Familien- und Lebensberater absolviert haben. Finanziert wird das Beratungsangebot durch das Bistum Fulda, die katholischen Kirchengemeinden in Kassel und durch Spenden.

Träger der Ehe-, Familien- und Lebensberatung ist im Bistum Fulda ein Verein. Vorsitzender ist Dechant Harald Fischer, Kassel. Beratungsstellen gibt es in Fulda, Hanau, Kassel und Marburg. Katholische Ehe-, Familien- und Lebensberatung Kassel Leitung: Pastoralreferent

Thomas Hartung Die Freiheit 2, 34117 Kassel, Telefon 05 61 / 70 04 -1 44, Fax 05 61 / 70 04 -1 50, E-Mail: efl-beratung.kassel@bistum-fulda.de

Internet: www.bistum-fulda.de (Leben & Glauben. Familie) www.katholische-kirche-kassel.de (Beratung/Hilfe)

Spendenkonto: Kasseler Sparkasse, BLZ 520 503 53, Konto Nr. 11 805 058

Zitiert

„Wahrscheinlich waren die Ehen der Vorfahren auch nicht harmonischer als heute. Sie hatten aber wegen ethisch-religiöser und auch wirtschaftlicher Gründe nicht die Möglichkeit der Scheidung, auch wenn die Beziehung im Innern erloschen war.“ Diplom-Theologe und Diplom-Psychologe Norbert Wilbertz

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