Die Kirchenzeitungen für die Bistümer Fulda, Limburg und Mainz
 Startseite -  Verlag -  Stellenangebote -  Inhalt -  Impressum -  Kontakt 
Lebenserprobte geben anderen viel
26.09.10

Lebenserprobte geben anderen viel

Caritas-Sonntag in Fulda eröffnet – Gottesdienst und Festakt – Caritaspräsident spricht

 

Ausgabe 39 vom 26. September

Bilder

Gut bei Stimme: der Projektchor „65 plus“ mit Domkapellmeister Franz- Peter Huber im Fuldaer Dom. Fotos: Arnulf Müller

Staatssekretärin Müller-Klepper

Caritaspräsident Dr. Peter Neher.

Fulda (dk). „Herzstück der Kirche“ nennt Bischof Heinz Josef Algermissen die Caritas bei der Eröffnung des diesjährigen Caritas-Sonntags im Fuldaer Dom. Die zentrale Veranstaltung steht unter dem bundesweiten Leitwort „Experten fürs Leben“.

Gestenreich, aber lautlos kommuniziert Werner Althaus mit den Männern und Frauen in den ersten Bankreihen im Fuldaer Dom. Der Caritas-Sozialarbeiter übersetzt gehörlosen Menschen das Gesagte – auch das Gesungene – im festlichen Hochamt. Vor den tauben älteren Menschen gestaltet der eigens für diesen Gottesdienst gegründete Projektchor „65 plus“ die Messfeier mit. Domkapellmeister Franz-Peter Huber und Caritasreferent Josef Gebauer hatten diese Idee.

In der Predigt verweist der Bischof darauf, dass Liturgie und Caritas-Diakonie miteinander verwoben seien und einander bedingen. Die Liturgie, „Höhepunkt und Quelle allen Tuns der Kirche“ müsse übergehen in die Haltung des gebeugten Rückens, in die Anteilnahme am Leben der Menschen. Liturgie ohne konsequente Caritas-Diakonie wäre ein „Glasperlenspiel“ ohne Folge, so der Bischof. Caritas-Diakonie aber ohne Rückbindung an Jesusnachfolge und Gottesdienst würde schnell zum „kalten Management und Sozialkonzern verkommen. Das müssen wir bei allen sozialen und caritativen Einrichtungen unserer Kirche mit aller Macht verhindern.“

Prälat Neher: Im Alter etwas ausprobieren

Dr. Peter Neher (Freiburg), Präsident der deutschen Caritas, geht bei der bundesweiten Eröffnung des Caritas-Sonntags im Auditorium maximum der Theologischen Fakultät auf das Bild des alten Menschen in der Gesellschaft ein. Alt sein, so der Prälat, bedeute nicht automatisch, unterstützungs- und pflegebedürftig zu sein. Um den Menschen im dritten und vierten Lebensabschnitt gerecht zu werden, sehe es die Caritas als notwendig an, vor allem die Stärken dieser Menschen zu festigen. Das Leitwort 2010 „Experten fürs Leben“ sei auch deshalb gewählt worden, weil ältere Menschen lebenserprobt seien und sie mit ihren Potentialen jüngeren viel geben könnten. Viele Menschen nutzten die Chance und probierten im Alter etwas aus, was ihnen bislang verwehrt war.

Einem möglichen Autonomieverlust im Alter, etwa durch Pflegebedürftigkeit, sollten auch die Pfarrgemeinden entgegenwirken, forderte der Caritaspräsident. Auch, um pflegende Angehörige zu unterstützen. Die Gemeinden seien jedoch oft nicht ausreichend auf diese Dienste vorbereitet. Nachbarschaftshilfe und ehrenamtliche Helfer könnten hier entlastend wirken, meinte Neher, der „Leben im Alter“ als ein Thema der Zukunft ausmacht. So sieht er auch die Kommunen in der Verantwortung, die Strukturen entwickeln müssten, damit alte Menschen in ihrem bisherigen Lebensraum bleiben könnten. Konzentrationen des Einzelhandels auf der grünen Wiese etwa liefen diesen Entwicklungen entgegen. Neher bedauert, dass alte Menschen zu wenig bestimmen könnten, wo und wie sie leben. Positiv sei zu vermerken, dass 68 Prozent der pflegebedürftigen Menschen in Deutschland daheim versorgt würden.

An die Caritasmitarbeiter gewandt, sagt Generalvikar Gerhard Stanke: „Sie geben der Kirche ein Gesicht.“ Bereits in der Predigt hatte Bischof Algermissen betont: „Christus ist der eigentliche Gründer der Caritas.“ Stanke betont, neben der fachlichen Kompetenz brauche es bei den Caritasmitarbeitern eine spirituelle. Bei diesem Dienst gehe es nicht nur um Betreuung, sondern um Teilhabe, wobei die „partnerschaftliche Begegnung entscheidend“ sei. Wann immer caritativer Dienst zu leisten sei, so Generalvikar Stanke: „Es geht immer um den konkreten Menschen, nicht um die Institution.“ Im Dienst der Caritas werde an Gott erinnert. Dieses entscheidende Merkmal dürfe dem kirchlichen Bruderdienst nicht fehlen.

Nicht weniger, anders leistungsfähiger

Die älteren Menschen bezeichnete die Staatssekretärin im hessischen Sozialministerium, Petra Müller-Klepper, als nicht weniger, sondern als anders leistungsfähig. Ältere Menschen seien ein Gewinn für die Gesellschaft. „Wir wollen, dass die Senioren selbstbestimmt leben können. Sie sollen in der angestammten Umgebung bleiben.“ Bei Pflegebedürftigkeit sollten sie menschenwürdig versorgt und betreut werden.

Der Hausherr der Theologischen Fakultät, Rektor Christoph Gregor Müller, verweist darauf, „Christus zu entdecken, in der Begegnung mit den Menschen“. Das Seniorenstudium in der Fakultät werde von 100 älteren Menschen angenommen.

Ein eigens errichtetes großes Zelt neben dem Dom bietet nach dem festlichen Gottesdienst vielfältige Möglichkeiten der Begegnung. Ältere Menschen können sich mit ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeitern der Caritas austauschen. Die Rentnerband aus Rodenbach sorgt für die musikalische Unterhaltung.

Zur Sache

Dimension des Himmels unverzichtbar

Die Eröffnung des Caritas-Sonntags 2010 im Fuldaer Dom nannte Bischof Algermissen „auch eine notwendige Vergewisserung“, die er in drei Punkten zusammenfasste.

1. Die Kirche muss je neu dafür sorgen, dass Glauben und Leben, Frömmigkeit und Dienstbereitschaft unlösbar zusammengehören und dass die Liebestätigkeit genauso zum Wesen gehört wie der Dienst der Sakramente und der Verkündigung des Evangeliums. „Die Kirche kann den Liebesdienst so wenig ausfallen lassen wie Sakrament und Wort“, so sagt es unser Heiliger Vater in seiner Enzyklika „Deus caritas est“ (Nr. 22).

2. Die großen Caritasverbände unserer Diözesen müssen sich immer wieder darum bemühen, dass der Horizont ihres Dienstes nicht verloren geht. Wann immer die Dimension des Himmels verschwindet, verliert sich kirchliche Caritas in einem hohlen Überbau ohne Lebensquelle. Es muss unbedingt im Miteinander eines lebendigen Glaubens nachwachsen können, was in der caritativen Versorgung, im Einsatz für Menschen abgegeben wurde.

3. „Berufen zur Caritas“ ist eine im Frühjahr dieses Jahres erschienene Schrift der deutschen Bischöfe überschrieben. Sie beschreibt die aktuelle Situation der Caritas in den deutschen Diözesen. Das Dokument beklagt Tendenzen, die Caritas „nicht als kirchlichen Wesensauftrag“, sondern als „uneigentliche kirchliche Aktivität in dessen Vorfeld“ anzusehen. Es gebe zu denken, „wenn in der innerkirchlichen Wahrnehmung die verbandliche Caritas manchmal nicht als Teil unserer katholischen Kirche identifiziert wird“. Angesichts dieses Befundes muss die Caritas deutlicher als eine der drei Säulen der Kirche erkannt werden, neben den beiden anderen Liturgie und Verkündigung.

Ihr Draht zu uns

Redaktion

Vor dem Peterstor 2
36037 Fulda
Tel. 0661 / 9724-0
Fax 0661 / 79652
Mail: fulda@kirchenzeitung.de

Abonnenten

Tel. 06431 / 9113-24
Fax. 06431 / 9113-37
Mail: vertrieb@kirchenzeitung.de

Anzeigen

Tel. 06431 / 9113-22
Fax. 06431 / 9113-37
Mail: anzeigen@kirchenzeitung.de