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Glaubensstrom seit 40 Generationen
10.07.11

Glaubensstrom seit 40 Generationen

1200 Jahre Johannesberg: Festwochenende zum Jubiläum – Algermissen: Feste feiern und Trost finden

 

Doppelausgabe 28/29 vom 10. Juli 2011

Blick von oben: Luftaufnahme der Propstei Johannesberg. Das Foto ist auf der Titelseite der Festschrift abgebildet, die im Petersberger Imhof Verlag erschien. Fotos (2): Ohnesorge

Wie im Mittelalter sind Kinder aus Johannesberg gekleidet. Rechts hält Pfarrer Michael Oswald das Geschehen mit der Kamera fest.

Von Christof Ohnesorge

Fulda-Johannesberg. „Die Menschen tragen seit Jahrhunderten ihre Sorgen und Hoffnungen, ihre Trauer und ihre Freude hierher zu Gott – in diesen Glaubensstrom sind wir heute hineingestellt.“ Der Glaubensstrom, von dem Pfarrer Michael Oswald spricht, dauert in Johannesberg seit 1200 Jahren an. Mit einem dreitägigen Fest feierte die Pfarrei das Jubiläum.

Eine Notiz über die Einweihung im Jahre 811/812 gilt als die erste urkundliche Erwähnung der Johannes dem Täufer gewidmeten Kirche und damit des Fuldaer Stadtteils Johannesberg (siehe „Hintergrund“). Das heutige Gotteshaus aus der Barockzeit wurde 1691 geweiht.

Der christliche Glaube bleibe trotz aller Veränderung erhalten, wenn jede Generation ihre Kinder mit Glaubensbekenntnis und Vaterunser groß werden lasse, ist Pfarrer Oswald überzeugt. Der Geistliche wirkt seit September 1997 in der Gemeinde. Während er interessierten Besuchern Messgewänder des 18. und 19. Jahrhunderts erläutert, die sich teils noch in Gebrauch befi nden, äußert sich Oswald dankbar über das große Engagement seiner Gemeindemitglieder. Eine für Herbst 2012 geplante Gemeindemission soll die Pfarrei geistlich stärken. Sie wird vorbereitet.

Jedes Glied muss zum Wohl des Ganzen beitragen

Im Propsteihof hinter der Pfarrkirche feiert Bischof Heinz Josef Algermissen mit mehr als 500 Gläubigen die Festmesse, zu der er besonders die zahlreichen Kinder willkommen heißt. „Ein Pfarrer wäre einsam und verlassen, wenn er in der Kirche vor Ort alles alleine machen müsste“, gibt der Oberhirte in seiner Predigt zu bedenken. „Wir können Kirche nur bauen, wenn jedes einzelne Glied sich bemüht, seine eigene Aufgabe zu erfüllen und zum Wohl des Ganzen beizutragen.“

Der Bischof zeigt sich dankbar, dass viele Gläubige in der Pfarrei Johannesberg sich in großer Treue als Kommunionhelfer, Katecheten und in der Caritas an alten und kranken Menschen engagieren. Er ruft die Gläubigen auf, den eigenen Kindern einen festen Glauben vorzuleben. „Die Menschen haben immer schon ihre Feste in der Kirche gefeiert und in ihrer Trauer Trost gefunden – dadurch sind diese Steine hier geheiligt“, unterstreicht Algermissen.

„Die Pfarrei ist immer das Bindeglied zwischen den Zeiten gewesen“, stellt der Fuldaer Kirchenhistoriker Professor Werner Kathrein fest. Der Domdechant berichtet von den Übertragungen von Reliquien unter Abt Rabanus Maurus (780 bis 856) und über die wirtschaftlichen Aktivitäten des Fuldaer Nebenklosters im Mittelalter. Weitere Themen seines Festvortrags sind das Ende klösterlichen Lebens in der Reformation sowie der Neuanfang von Pfarrei und Ort im Gefolge der Säkularisation (Aufhebung der geistlichen Herrschaftsgebiete 1802).

„Die Bonifatiuswallfahrt Johannesbergs, einer sehr einkömmlichen Propstei in der Barockzeit, fand damals immer am ersten Tag nach der Eröffnung statt“, berichtet der Festredner seinen gebannt lauschenden Zuhörern. Den Johannesbergern rät er, da das genaue Gründungsdatum – 811 oder 812 – unklar sei, das Problem durch das Feiern eines ganzen Jubiläumsjahres zu umgehen. Professor Kathrein betont auch, dass es bereits im 18. Jahrhundert gute ökumenische Beziehungen gegeben habe, was den evangelischen Pfarrer Dr. Karl-Heinrich Ostmeyer aus Bronnzell erfreute.

Zu den Gästen des Festaktes zählen der von 1969 bis 1997 in Johannesberg wirkende Pfarrer Oskar Seufert, der langjährige Ortsvorsteher Hermann Wehner und Fuldas Oberbürgermeister Gerhard Möller. Das Stadtoberhaupt betont, dass die Geschichte des Ortes, an dem man lebt, zur eigenen Heimat gehöre, zumal wenn sie wie in Johannesberg bereits 40 Generationen umfasst.

Mittelaltermarkt der Kinder in der Hessenschau

Kurz vor dem Festwochenende gab es für die Johannesberger eine Überraschung: Der Ort wurde für einen Bericht in der „Hessenschau“ als sogenanntes „Dolles Dorf“ ausgelost. „Die Ankunft des Fernsehteams des Hessischen Rundfunks bedeutete unerwartete, zusätzliche Arbeit für uns alle“, betont Professor Manfred Schreiner, früherer Ortsvorsteher und Leiter des Organisationskomitees für das Jubiläum. Die Generalprobe der Kinder für den Mittelaltermarkt lieferte der Fernsehkamera ansprechende Bilder.

Hintergrund

Vom Nebenkloster zur Staatsdomäne

Johannesbergs Geschichte begann als die eines Nebenklosters von Fulda mit dem Bau einer Kirche im Jahre 811/812 unter Abt Ratgar. 836 ließ Abt Hrabanus Maurus in der Kirche die Reliquien der frühchristlichen Märtyrer Venantius, Urban und Quirinus beisetzen. Im Laufe des Hochmittelalters entwickelte sich Johannesberg zu einer wohlhabenden Propstei mit vielen Besitzungen. Die Pfarrei als solche existierte spätestens 1205.

Nach einer Zeit des Niedergangs des klösterlichen Lebens folgte unter Propst Conrad von Mengersen (1715 – 1753) eine spätbarocke Blütezeit. 1802 wurde die Propstei im Zuge der Säkularisation aufgehoben und in eine Staatsdomäne umgewandelt. Im Bistum Fulda gab es bis 2006 ein eigenes Dekanat Johannesberg; heute gehört die Pfarrei zum Pastoralverbund Johannesberg im Dekanat Fulda.

Buchtipp

Festschrift

„1200 Jahre Johannesberg – Vom Nebenkloster zum Stadtteil von Fulda“ lautet der Titel einer Festschrift zum Jubiläum, die Gerwin Stein, Manfred Schreiner und Mathias R. Schmidt herausgegeben haben. Die Autoren des Buches lassen die wechselvolle Geschichte mit vielen Anekdoten, Fotos und Hintergrundinformationen Revue passieren. Das Buch ist erschienen im Michael Imhof Verlag, Petersberg, und kostet 25 Euro.

Zur Person

Papst-Jahrgang

Josef Auth (rechts) mit Oberbürgermeister Gerhard Möller.

Die Ehrenmedaille der Stadt Fulda in Gold empfi ng Josef Auth (84), Küster in Johannesberg seit 1993, von Oberbürgermeister Möller für sein jahrzehntelanges ehrenamtliches Engagement. Auth ist Chronist und Historiker der Pfarrei und des Ortes sowie der anderen zur Pfarrei gehörenden Stadtteile Harmerz, Zell und Zirkenbach. Als Küster möchte Auth, der wie Papst Benedikt XVI. im Jahre 1927 geboren wurde, möglichst „so lange weiter Dienst tun wie der Heilige Vater“.

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