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Prägende Schlüsselerlebnisse
22.05.11

Prägende Schlüsselerlebnisse

Frauen und Männer engagieren sich ehren- und hauptamtlich als Trauerbegleiter

 

Ausgabe 21 vom 22. Mai 2011

Der Schlüssel zur Trauerbegleitung ist der Umgang mit der eigenen Trauer und die Wahrnehmung eines Schmerzes über einen Verlust bei einem anderen Menschen. Das erläutert Pfarrer Werner Gutheil (vorne links) den Kursteilnehmern. Fotos (2): Günter Wolf

Monika Jacob (rechts) möchte Trauernden beistehen. Gisela Jahn wird künftig eine der Leiterinnen eines neuen Trauercafés in Flieden-Döngesmühle sein.

Von Günter Wolf

Bad Soden-Salmünster. Die 15 Teilnehmer sitzen in einem Kreis um eine Kerze, ein Schlüssel und eine Klangschale liegen auf einer ausgebreiteten Decke. Pfarrer Werner Gutheil kniet in der Mitte, einen Schlüssel hoch haltend und spricht von Schlüssel-erlebnissen.

Seine Zuhörer, gut ein Dutzend Frauen und Männer im Bildungshaus Kloster Salmünster, hören zu und rufen ihm Antworten auf seine Fragen zu. Werner Gutheil ist seit November vergangenen Jahres Diözesantrauerseelsorger des Bistums. Seine Zuhörer nehmen an einem Kurs für Trauerbegleiter teil.

Doch warum erklären sich zunehmend Menschen bereit, anderen, die trauern, ehrenamtlich oder beruflich als Begleiter zur Seite stehen zu wollen? Für Pfarrer Gutheil ist die Trauerbegleitung ein bislang zu gering beachtetes Feld in der Seelsorge. „Trauerbegleitung“, so der Geistliche, „zielt nicht nur darauf ab, zu trösten, sondern auch die Trauernden zu befähigen, ihre Trauer zu bewältigen und mit dem zwar abnehmenden, aber nie ganz verlöschenden Schmerz über den Verlust zu leben.“

Über die bisher große Resonanz auf seine Kurse für Trauerbegleitung freut sich Werner Gutheil. „Bisher haben gut drei Dutzend Menschen an unseren Kursen teilgenommen. Einige aus beruflichen Gründen, doch zunehmend immer mehr Frauen und Männer, die sich ehrenamtlich als Trauerbegleiter engagieren wollen“, weiß Pfarrer Gutheil. Für ihn ist dies ein „positives Zeichen“. Voraussetzung sei, „zum einen mit der eigenen Trauer umgehen zu können, zum anderen aber auch in der Lage zu sein, den Schmerz des Anderen sehen zu können“, erläutert der Diözesantrauerseelsorger. Trauer sei nicht heilbar, aber lebbar, so der Geistliche. Trauerbegleiter helfen, dass Trauernde lernen, mit dem Schmerz über ihren erlittenen Verlust zu leben. Ein wichtiges Anliegen ist Gutheil, dass es zu einer Verzahnung von beruflichen und ehrenamtlichen Trauerbegleitern kommt. Hier ist sein Ziel, ein umspannendes Netzwerk zu bilden.

Nächster Kurs Trauerbegleitung: 8. bis 10. Juli im Kloster Salmünster. Anmeldung: Telefon 06181/4289842, E-Mail: info@trauern-warum-allein

Nachgefragt

„Gestorben wird eigentlich woanders“

Eine der Teilnehmerinnen des jüngsten Kurses für Trauerbegleitung ist Monika Jacob aus Freiensteinau. Die 44-jährige, geschiedene Bankangestellte hat einen Sohn. Wir fragten sie, was ihre Beweggründe waren, sich ehrenamtlich als Trauerbegleiterin zu engagieren.

Frage: Warum haben Sie an dem Kurs Trauerbegleitung teilgenommen?

Jacob: Den Kurs zur Trauerbegleiterin habe ich besucht, da ich vorher die Hospizausbildung bei Pfarrer Gutheil gemacht habe. Trauerbegleitung ist für mich quasi der Aufbau beziehungsweise Ausbau der vorherigen Ausbildung. Ich wollte im Umgang mit Trauernden ein sicheres und gefestigtes Auftreten haben. Ich möchte Trauernde professionell begleiten können.

Gab es in Ihrem unmittelbaren oder weiteren Umfeld ein Ereignis oder eine Begebenheit, die Sie dem Thema Trauerbegleitung angenähert oder in Kontakt gebracht hat?

Ja, es gab in meinem näheren Bekanntenkreis und auch in der Familie innerhalb kürzester Zeit mehrere Todesfälle. Gestorben wird eigentlich immer nur woanders, plötzlich wird man damit konfrontiert. Ausschlaggebend für meine Entscheidung in die Trauerarbeit einzusteigen, war der Tod eines guten Freundes – der Ehemann meiner besten Freundin verstarb im Alter von 49 Jahren qualvoll an Krebs.

Die letzten 14 Tage seines Lebens begleitete ich die Beiden Tag und Nacht. Es waren berührende, traurige, aber auch bereichernde Momente. Die Zeit schien still zu stehen. Die Alltagssituation ist plötzlich eine ganz andere. Man wird nachdenklicher, die eigene Vergänglichkeit wird einem plötzlich bewusst. Man sieht die Dinge mit anderen Augen. Sie erscheinen plötzlich so unwichtig. Für meine Freundin war es eine enorme Erleichterung, dass jemand da war. Und es reichte auch oft, einfach nur da zu sein. Für den Sterbenden war es eine Beruhigung zu wissen, dass jemand für seine Frau da ist, dass sie nicht alleine ist. Es gab stundenlange Gespräche, die für sie hilfreich waren. Oft wiederholt sich das Gesagte, und wenn andere es nicht mehr hören können und wollen, sind wir Trauerbegleiter immer noch da und hören zu. Darin sehe ich einen ganz wichtigen Punkt.

Wurden Ihre Erwartungen, die Sie an den Kurs gestellt haben, erfüllt, oder blieben für Sie Fragen offen?

Die Erwartungen an diesen Kurs haben sich erfüllt. Fragen bleiben keine offen, weil alle im Kurs geklärt werden können.

Wie werden Sie künftig im Bereich Trauerbegleitung aktiv sein? Fühlen Sie sich durch den Kurs in Ihrem Engagement bestärkt und für den Dienst gerüstet?

Ich stehe bereits und auch künftig im Trauercafé den Trauernden zur Seite. Ich versuche immer eine gemütliche Atmos-phäre zu schaffen, zum Beispiel durch die Tischdekoration, versorge die Anwesenden mit Tee und Gebäck, und stehe für Gespräche zur Verfügung und höre oftmals auch einfach nur zu. Ich fühle mich ausreichend gefestigt und motiviert, nachdem ich die Hospizausbildung und den Kurs zur Trauerbegleitung absolviert habe. Persönliche Erfahrungen und die eigene Reife spielen auch mit hinein. Wichtig ist zu wissen, was die Trauernden fühlen.

Durch die Ausbildung ist mir erstmals bewusst geworden, dass auch ich Trauerarbeit für mich persönlich zu leisten hatte. Ich habe mein ungeborenes Kind verloren, mein Vater ist bereits an Krebs verstorben, ohne noch etwas Wichtiges mit ihm klären zu können, eine gute Freundin ist von heute auf morgen verstorben. Das muss man verarbeiten. Durch die Kurse habe ich viele Wege aufgezeigt bekommen und diese möchte ich sehr gerne an andere Trauernde weitergeben und für sie da sein.

Trägt Ihre Familie Ihr Engagement im Bereich Trauerbegleitung mit? Stoßen Sie auf Verständnis oder eher Unverständnis?

Mein Lebenspartner akzeptiert meine Entscheidung, ehrenamtlich tätig zu sein und steht voll hinter mir. Auf Zweifel und Unverständnis stoße ich eher im Bekanntenkreis. Viele sagen: „Was, so was machst du? Nee, das könnte ich nicht.“ Eine fast schon typische Reaktion, weil ja der Tod ein verbreitetes Tabu- Thema ist. Wäre schön, wenn wir es schaffen könnten, das zu verändern.

Interview: Günter Wolf

Zur Sache

Trauercafé

In Flieden wird es ab Juni ein Trauercafé geben. Als Termin für die Treffen ist jeweils der Donnerstag geplant. Im Bürgerhaus Flieden-Döngelsmühle können trauernde Menschen zu Gespräch und Trost zusammenkommen. Eine der Leiterinnen wird Gisela Jahn aus Rommerz sein. „Es ist mir ein großes persönliches Anliegen“, sagt die Mittvierzigerin. Die Motivation der Ehefrau und Mutter zweier Kinder ist religiös-spirituell in ihrem katholischen Glauben begründet. Darum nahm sie auch an dem Kurs für Trauerbegleitung teil. Im Trauercafé soll es neben den Gesprächstreffen auch regelmäßige Gottesdienste für die Verstorbenen in der Döngesmühler Filialkirche Heilige Familie geben. (gw)

Termine

Gespräche und mehr

Ein neues Angebot gibt es ab dem 7. Juni im Trauerzentrum in Hanau (Rhönstraße 8): „Verlassene Eltern“ heißt die Anlaufstelle und Selbsthilfegruppe für Mütter und Väter, deren Kinder den Kontakt gänzlich abgebrochen haben. Die Leitung hat Pfarrer Werner Gutheil (Telefon 06181/740174). Weitere Angebote des Trauerzentrums für Frauen und Männer, die einen Menschen durch Tod verloren haben, sind die Gespräche am Mittagstisch, beim Abendessen, Gottesdienste, Qijong, Gestaltung von Kartengrüßen oder Rommé.

In Salmünster (Bad Sodener Straße 52), Schlüchtern (Altenzentrum, In den Lindengärten 7) und in Gelnhausen (Bahnhofstraße 12) öffnet regelmäßig das Café Hoffnungsschimmer für Trauernde seine Pforten. (bp)

Auskunft: Telefon 06181/4289844 (Hanau), 06056/911330 (Salmünster), 06661/97029999 (Schlüchtern), 06058/917714 (Gelnhausen), 0173/3166738 (Trauergesprächskreis Schlüchtern)

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