Die Kirchenzeitungen für die Bistümer Fulda, Limburg und Mainz
 Startseite -  Verlag -  Stellenangebote -  Inhalt -  Impressum -  Kontakt 
Schüler träumen von friedlicher Pause
24.10.10

Schüler träumen von friedlicher Pause

Schulseelsorger an elf öffentlichen Schulen im Bistum – „Wichtiges Arbeitsfeld der Kirche“

 

Ausgabe 43 vom 24. Oktober

Rollentausch in der Lindenauschule Großauheim: Ältere lernen von Jüngeren. Fotos (2): privat

Am Grimmelshausen Gymnasium Gelnhausen: Auf dem Pausenhof wird Teambildung geübt.

Von Anne Müller-Rosenzweig

Ältere Menschen besuchen die Lindenauschule in Großauheim. In der Pedro-Jung-Schule in Hanau gibt es Pausenpaten. Beiden Projekten ist gemeinsam: Sie sind Teil der Schulpastoral.

Seit fünf Jahren drücken ältere Semester aus Großauheim und Hanau wieder die Schulbank. „Unterrichtet“ werden sie von Schülern. Die einen erklären die Handhabung des Internets, andere, wie ein Handy funktioniert.

Freiwilligenagentur suchte junge Leute

„In einem Zeitungsartikel wurde über die Aktivitäten der Hanauer Freiwilligenagentur berichtet, die junge Leute suchte, um älteren Damen und Herren das Handy zu erklären“, erinnert sich Steffen Schleicher. Er ist katholischer Religionslehrer und Schulseelsorger an der Lindenauschule. Schleicher: „Da ich mich im katholischen Religionsunterricht in der Jahrgangstufe 10 mit dem Thema „jung sein – alt sein“ intensiv beschäftigt habe, sah ich hier eine Möglichkeit, im Rahmen der Schulseelsorge ein Projekt zu starten.“ 15 Handy- und Medienseminare sind bereits erfolgreich durchgeführt worden.

Die Seminare an der Lindenauschule zählen zu den schulpastoralen Projekten an öffentlichen Schulen, die seit einigen Jahren im Bistum Fulda erfolgreich durchgeführt werden.

Der Diözesanverband des Deutschen Katecheten-Vereins (DKV) hat sich im Bistum Fulda für die Einführung der Schulseelsorge an öffentlichen Schulen sehr eingesetzt. „Die Schule ist der Ort, den Kinder unabhängig von ihrer religiösen Situation besuchen. Die Kinder brauchen Orientierung und Begleitung. Schulpastoral ist deshalb ein wichtiges Arbeitsfeld der Kirche“, betont Marianne Hartung (Baunatal), Vorsitzende des DKV-Diözesanverbands. „Da die Schulpastoral im Bistum erst im Aufbau ist, sieht es der DKV als seinen Auftrag an, immer wieder auf dieses wichtige Anliegen hinzuweisen.“

Im Bistum Fulda gibt es seit jeher schulpastorale Angebote – an den katholischen Schulen. Darüber hinaus engagiert sich das Bistum derzeit an elf öffentlichen Schulen in der Schulpastoral. Der DKV-Diözesanvorstand hat eine Stellungnahme veröffentlicht, um das Bewusstsein für die Möglichkeiten schulpastoraler Arbeit an öffentlichen Schulen zu schärfen (siehe „Stichwort“).

Schüler verbringen immer mehr Zeit in der Schule

„Der Lebensbereich der schulischen Bildung und Erziehung ist der Kirche immer ein wichtiges Anliegen gewesen, sei es in der Einrichtung eigener Bildungsstätten oder im Mitwirken an einer wert- und christlich orientierten Persönlichkeitsbildung staatlicher Institutionen. Dies muss in unserer Zeit wieder neu in den Blick genommen werden“, sagt Dechant Stefan Buß (Bernbach). Der Geistliche ist Mitglied im Vorstand des DKV. „Besonders heute, wo die Schule immer mehr Zeit des Tagesplanes eines jungen Menschen ausmacht, braucht es eine Präsenz der Schulpastoral, um junge Menschen zu begleiten und ihnen in Höhen und Tiefen nahe zu sein.“

Zur Sache

Schulpastoral: Aussprechen in der Ansprechbar – entschleunigen im Raum der Stille

Was ist Schulpastoral?
„Schulpastoral will in der Schule als Lern- und Lebensraum die heilsame Kraft des christlichen Glaubens erfahrbar machen. Sie begleitet Menschen in der Schule in ihrem Fragen und Suchen nach dem Sinn des Lebens“, sagt Jutta Schlier, Mitglied im DKV-Vorstand, die an der Stellungnahme mitgewirkt hat. „Schulpastoral fördert Gemeinschaft und solidarisches Handeln in der Schule. Sie öffnet und erschließt religiöse Erlebnis- und Erfahrungsräume.“

Raum der Stille
An vielen Schulen gibt es einen „Raum der Stille“. Das sind Orte, an dem die Schüler über den Religionsunterricht hinaus die Möglichkeit erhalten, „Glauben konkret“ in der Schule zu erfahren. Besonders genutzt wird der Raum, wenn es um Erfahrungen von Tod und Katastrophen geht. „Etwa 2500 Schülerinnen und Schüler besuchen die Kopernikusschule Freigericht täglich, hinzu kommen rund 180 Lehrkräfte. Leider kommt es auch immer wieder vor, dass Menschen der Schulgemeinde sterben“, berichtet Alexandra Pinkert, Schulseelsorgerin und Mitglied im DKVDiözesanvorstand. „Gerade in solchen Situationen ist es wichtig und wertvoll, auch in der Schule einen Ort zu haben, an dem getrauert und sich verabschiedet werden kann.“

„Oft werden im Raum der Stille Pausen gestaltet. Mit meinen wöchentlichen Angeboten der ,Ruhe-Pausen‘ bietet die Schulpastoral an unserer Schule die Möglichkeit, im System Schule zu ,entschleunigen‘ und innezuhalten, um im Schulalltag für einen Moment die Hektik bewusst draußen zu lassen und in einem leistungsorientierten System Zeit zum ,Aufatmen‘ zu finden“, erklärt Henriett Horvath, Schulseelsorgerin an der Georg-Büchner- Schule in Erlensee.

Ansprechbar
„Auslöser für die ,Ansprechbar‘ am Grimmelshausen Gymnasium Gelnhausen waren die Ereignisse vom 11. September 2001“, berichtet Daniel Stehling, der seit 2007 im ökumenischen Team der Ansprechbar mitarbeitet. Sie wurde mit Hilfe von Schülern als Raum der Begegnung sowie als Mediations- und Andachtsraum gestaltet. Die beiden Schulseelsorger Hartmut Winkler (evangelisch) und Daniel Stehling öffnen die Ansprechbar mit Unterstützung eines 20-köpfigen Schülerteams täglich in beiden großen Pausen. „Der Bar-Charakter bietet eine gute Möglichkeit, mit Schülern in Kontakt zu kommen, bevor es zu Krisen kommt. Die Schüler können ,ohne großes Aufsehen‘ mit den Schulseelsorgern sprechen und Termine für weitere Beratungsgespräche vereinbaren“, so Stehling.

Alt und Jung besuchen sich
Petra Schwärzel, Schulseelsorgerin an der Unterneustädter Grundschule in Kassel, entwickelte gemeinsam mit dem Seniorenhaus St. Bonifatius ein Seniorenprojekt, das inzwischen zum Bestandteil des Schullebens geworden ist. Die Grundschüler und Senioren besuchen sich gegenseitig, spielen und singen miteinander, feiern Gottesdienste und Feste. „Beide Seiten, Kinder und Senioren profitieren von den unterschiedlichen Begegnungen miteinander“, so Schwärzel. „Der Wert für viele Kinder besteht in der Erfahrung, dass sie gebraucht werden und wichtig sind, und sie anderen Menschen einzig durch ihr Dasein Freude bringen.“

Pausenpaten
„Viele Schüler träumen von einer friedlichen, ruhigen Pause, in der sie entspannen können“, erklärt Ulla Rupietta, Schulseelsorgerin an der Pedro-Jung-Schule Hanau, einer Schule für Lernhilfe mit einer Abteilung für Körperbehinderte. „Die Wirklichkeit ist leider oft anders, Schüler streiten sich, die Jüngeren fühlen sich hilflos und allein und überall liegt Müll herum.“ Darum bildet sie Pausenpaten aus, die mithelfen, auf dem Schulhof eine friedfertige Atmosphäre für Schüler zu schaffen. „Die Paten haben gelernt, was es heißt, Verantwortung zu übernehmen“, erzählt Rupietta.

Kulturcafé für Mütter
Unter dem Motto „Voneinander lernen und sich verstehen – in der bunten Vielfalt der unterschiedlichen Kulturen an unserer Schule“ hat Karin Schmitt an der Gustav- Heinemann-Schule in Borken ein „Kulturcafé für Mütter“ ins Leben gerufen. „Es ist eine Plattform, auf der sich Familienmütter aus unterschiedlichen Herkunftsländern zwanglos begegnen, miteinander essen und trinken, sich gegenseitig aus ihrem Alltag erzählen“, so Schmitt.

Feiern im Kirchenjahr
Ein weiterer Beitrag zur Schulkultur sind die gemeinsamen Feste und Feiern im Kirchenjahr. Neben Schulgottesdiensten am Anfang und Ende des Schuljahrs finden auch besondere Andachten statt. Schulseelsorgerin Marianne Hartung bereitet mit Schülern der Jahrgänge 9 und 10 im Religionsunterricht einen besinnlichen Jahresabschluss für das Kollegium vor. „Die Schüler machen in jedem Jahr die besondere Erfahrung, dass es ihnen gelingt, ihre Lehrer nachdenklich und ruhig zu stimmen“, so Hartung.

Mit Gemeinden austauschen
Dechant Buß schätzt die Schulpastoral. „Besonders bedeutungsvoll wird die Schulseelsorge auch durch die Vernetzung mit den Kirchengemeinden. Viele Jugendliche verbringen die meiste Zeit des Tages in der Schule und sind leider häufig nicht mehr in unseren Gemeinden anzutreffen.“

Schulseelsorgerin Pinkert pflegt guten Kontakt zu den Pfarrgemeinden im Pastoralverbund St. Peter und Paul Freigericht – Hasselroth, in dem die Schule beheimatet ist. „Einmal im Jahr treffen sich die Religionslehrer mit den Hauptamtlichen der Pfarrgemeinden zum Austausch, um Schulgottesdienste und weitere gemeinsame Aktionen wie etwa Projekte der Firmvorbereitung zu planen“, so Pinkert.

Stichwort

Schulpastoral

Der DKV-Diözesanverband hat eine Stellungnahme erarbeitet, die das Bewusstsein für die Möglichkeiten schulpastoraler Arbeit an öffentlichen Schulen schärfen soll. Er setzt sich dafür ein, dass

  • Kirchengemeinden und Pastoralverbünde die Schule im Blick behalten und einen Schwerpunkt ihrer Tätigkeit in die Schule verlagern. Das hessische Schulgesetz ermöglicht Kooperationen mit Trägern aus dem Umfeld der Schule.
  • Schulpastoral im Interesse für die kommende Generation gefördert und erweitert wird.
  • Lehrer/innen, Priester und pastorale Mitarbeiter/innen, die in der Schulpastoral tätig werden wollen, eine Ausbildung und Begleitung erhalten.
    • Die Stellungnahme in Auszügen.

      1. Schulpastoral – Dienst der Kirche im Handlungsfeld Schule

      Schulpastoral will in der Schule als Lern- und Lebensraum die heilsame Kraft des christlichen Glaubens erfahrbar machen. Sie begleitet Menschen in der Schule in ihrem Fragen und Suchen nach dem Sinn des Lebens. Schulpastoral ist ein Dienst der Kirche an und mit den Menschen in der Schule.

      2. Schule als Ort des Lernens

      Die Schule ist ein wichtiger Lebensort für die heranwachsende Generation. Lehrende haben die Aufgabe, Schülerinnen und Schüler wertzuschätzen und ihre personale Entfaltung zu fördern. Nach christlichem Verständnis gehört dazu die Frage nach Gott, nach dem Sinn des Lebens und nach der Zukunft über dieses Leben hinaus.

      3. Entwicklung einer humanen Schulkultur

      Schulen können ihren Bildungsund Erziehungsauftrag leichter erfüllen, wenn es gelingt, eine Atmosphäre der Achtung und des Vertrauens in der Schulgemeinschaft zu schaffen, die jungen Menschen Selbstsicherheit vermittelt und sie zum Lernen motiviert.

      4. Religionsunterricht und Schulpastoral

      Einen wichtigen Beitrag zum „Orientierungswissen“ in der Schule leistet der Religionsunterricht. Schulkultur zeigt sich aber nicht nur im Unterricht. Durch die derzeitigen Veränderungen in der Schullandschaft und die gesellschaftlichen Probleme, die in der Schule erkennbar werden, erwächst für die Kirche die Aufgabe, die schulische Lebenswelt über die Stunden des Religionsunterrichts hinaus mitzugestalten.

      5. Schulpastoral – Christ sein in der Schule

      Zum schulpastoralen Engagement in der Schule sind alle Christen eingeladen, die in der Schule leben und arbeiten und die bereit sind, ihre Zeit und sich selbst in die Wegbegleitung junger Menschen einzubringen.

      8. DKV Fulda – Engagement für Schulpastoral

      Viele Schulen entwickeln sich zur Ganztagsschule. Junge Menschen sind von frühmorgens bis zum späten Nachmittag in der Schule. Schulpastoral bietet der Kirche die Möglichkeit, auf die Menschen im Raum Schule zuzugehen und sie durch Angebote zur Sinnorientierung und für ein humanes Miteinander zu begleiten.

      Marianne Hartung, Diözesanvorsitzende, Im Weißen Feld 3 34225 Baunatal, E-Mail: dkv.fulda@katecheten-verein.de Internet: www.dkv.bistum-fulda.de

Ihr Draht zu uns

Redaktion

Vor dem Peterstor 2
36037 Fulda
Tel. 0661 / 9724-0
Fax 0661 / 79652
Mail: fulda@kirchenzeitung.de

Abonnenten

Tel. 06431 / 9113-24
Fax. 06431 / 9113-37
Mail: vertrieb@kirchenzeitung.de

Anzeigen

Tel. 06431 / 9113-22
Fax. 06431 / 9113-37
Mail: anzeigen@kirchenzeitung.de