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„Antennen“ für Leute ohne Lobby
24.01.10

„Antennen“ für Leute ohne Lobby

Generalvikar Stanke: Verbände „Scharniere“ zwischen Kirche und Gesellschaft – KAB-Jahresauftakt

 

Ausgabe 4 vom 24. Januar

Engagiert: Generalvikar Gerhard Stanke (rechts) beim KAB-Jahresauftakt. Mit auf dem Podium sind Egon Schütz (stellvertretender Diözesanvorsitzender) und Klaus Schmitt (Diözesanvorsitzender, von links). Foto: privat

Zusammenarbeit der Verbände: Kolping-Diözesangeschäftsführer Stefan Sorek, der frühere Kolping-Vorsitzende Bruno Block, KAB-Diözesansekretär Michael Schmitt und die frühere kfd-Diözesansprecherin Blanca Drescher (von links). Block und Drescher waren beide Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Verbände im Bistum. Foto: privat

Fulda (st). „Welche Gruppen in der Arbeitswelt haben keine Lobby? Diese Frage müssen sich die KAB-Mitglieder immer wieder stellen.“ Dies betonte Generalvikar Gerhard Stanke bei der Jahresauftaktveranstaltung „Impuls 2010“ der Katholischen Arbeitnehmer- Bewegung (KAB) im Fuldaer Bonifatiushaus.

Stanke sprach zum Leitwort der Veranstaltung „Katholische Verbandsarbeit angesichts einer sich wandelnden Gesellschaft“. Er nannte Gruppen, die keine „Lobby“ haben: Alleinerziehende, Arbeitslose und Hartz-IV-Empfänger, kinderreiche Familien. „Verbände müssen Anwalt sein für Gruppen, die von den großen Interessensverbänden nicht vertreten werden“, betonte der Generalvikar.

Stanke sieht die Verbände in einer „Scharnier-Funktion“ in der Beziehung zwischen Kirche und Gesellschaft. Ihr Auftrag sei es, „hinzuschauen und wahrzunehmen, welche neuen Herausforderungen es heute gibt“. Um die Botschaft der Menschen aufzunehmen, bräuchten die Verbände „große Antennen“.

Wo gibt es neue gesellschaftliche Aufgaben?

Für den Generalvikar hat dies Konsequenzen: „Die Verbände dürfen sich nicht primär von ihrem Innenleben her verstehen, das sich im Laufe von Jahrzehnten entwickelt hat, sondern von der gesellschaftlichen Herausforderung her.“ Die erste Frage heiße dann nicht: Wie können wir neue Mitglieder und Mitarbeiter gewinnen und unser Vereinsleben gestalten?, sondern: „Wo gibt es neue gesellschaftliche Aufgaben? Wo können wir etwas tun für die Gruppen unserer Gesellschaft, die unter den rasanten Veränderungen zu leiden haben?“

Stanke verwies auf das Bild der Kirche als Schiff, das auf das Meer der Welt hinaus fährt „mit einer guten Botschaft, die alle hören sollen“. Die Kirche sei demnach beschäftigt mit dem, „was sich in der Gesellschaft tut, welche Fragen die Menschen bewegen, welche Nöte da sind, wo sie mit ihrer Botschaft gebraucht wird“. Deshalb sei der erste Auftrag der Verbände, „die gesellschaftlichen Entwicklungen kritisch wahrzunehmen und in ihrer Bedeutung für eine humane Gesellschaft einzuschätzen“, so der Generalvikar. Dazu gehörten „fachliche Kompetenz und politischer Instinkt“. Verbände nähmen zu gesellschaftlichen Entwicklungen Stellung. „Es geht um das Einmischen in die Diskussion über die Fragen, die in unserer Gesellschaft diskutiert werden.“

Wichtig ist für Stanke die Zusammenarbeit zwischen den Verbänden in der Kirche, aber auch mit gesellschaftlichen Gruppen, die ähnliche Anliegen vertreten. Ein Beispiel sei die Verbindung mit der Gewerkschaft im Kampf der KAB gegen verkaufsoffene Sonntage.

Stanke nannte „Aufgabenfelder“ für die Verbände. Arbeitslosigkeit wie auch befristete Arbeitsverträge trügen zu einer starken Verunsicherung bei. Langfristige Lebensplanungen, gerade „mit Blick auf Familie“, würden erschwert. Zunehmende Ängste in Armut abzugleiten, das immer weitere Auseinanderklaffen zwischen Arm und Reich stellten KAB, Kolping, Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) und Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) vor große gesellschaftliche Herausforderungen und erforderten neue Initiativen.

Stanke: Haben großartige Botschaft zu verkünden

Stanke ermutigte seine Zuhörer: „Wir haben eine großartige Botschaft zu verkünden. Die Menschen, jeder Einzelne, sind so kostbar, dass es alle Anstrengung wert ist, sich für die Botschaft und für Menschen einzusetzen.“ Vor dem Referat des Generalvikars feierten die KABler und zahlreiche Gäste eine heilige Messe in der Kapelle des Bonifatiushauses. Mit Generalvikar Stanke zelebrierten KAB-Diözesanpräses Pfarrer Christian Sack (Bad Hersfeld) und sein Stellvertreter Pfarrer Martin Lerg (Hessisch Lichtenau). In seiner Predigt verwies Stanke auf die – für die damalige Zeit – ungewohnte Offenheit Jesu im Umgang mit den Zöllnern und Sündern. „Jesus setzte ein Zeichen, Trennwände einzureißen und Vorurteile abzubauen.“ So sei es auch für die KAB wichtig, unvoreingenommen auf Menschen und Gruppierungen zuzugehen.

Für den KAB-Diözesanvorsitzenden Klaus Schmitt (Freigericht- Neuses) macht der gesellschaftliche Wandel ein ständiges „Neudenken“ notwendig. Umso wichtiger sei das Bewusstsein für ein geistliches Fundament, „um grundsätzliche Standpunkte im täglichen Handeln nicht aus dem Auge zu verlieren“.

Die Aktivitäten der KAB lobte der Fuldaer Stadtrat Waldemar Eckert. Die Verantwortlichen in den Kommunen schätzten die „Wichtigkeit des Sonntags“, sagte er mit Blick auf die Diskussion um die verkaufsoffenen Sonntage. An den Menschen selbst liege es, deutlich zu machen, was jedem persönlich der Sonntag wert sei. Ziel sei, möglichst wenig Arbeitskraft von anderen Menschen abzufordern, so Eckert.

Hintergrund

Antwort auf soziale Umwälzung

„Die katholischen Verbände waren eine der erfolgreichen sozialen Erfindungen im katholischen Milieu des 19. und 20. Jahrhunderts. Sie haben nicht unwesentlich die Kirche und ihre Botschaft in die moderne Gesellschaft getragen.“ Generalvikar Gerhard Stanke nennt prägende Gestalten jener Zeit: Bischof Wilhelm Emmanuel von Ketteler, Adolph Kolping und Agnes Neuhaus, die Gründerin des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF).

„Die Gründung der Verbände war eine praktische Antwort auf gesellschaftliche Veränderungen und Notsituationen“, so Stanke. Ihr Ursprung liege in damaligen gesellschaftlichen Herausforderungen. Am Anfang der KAB stünden die Arbeitervereine. Diese hätten sich angesichts der sozialen Umwälzungen gebildet, die die Industrialisierung mit sich brachte. Die „Arbeiterfrage“ sei die Herausforderung gewesen, auf die engagierte Katholiken eine Antwort suchten, erklärt Stanke.

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