19.06.11
„Mein Bub, und jetzt Priester“
Vor 25 Jahren wurde der Bäcker Heinrich Linnighäuser geweiht – mit 46 Jahren
Ausgabe 25 vom 19. Juni 2011
„Heinrich, mach doch“, haben ihm viele Freunde geraten. Und ihn so auf dem Weg zum Priestertum unterstützt. Am 21. Juni feiert Heinrich Linnighäuser Silbernes Weihejubiläum. Fotos: Volker Thies (1), Bistum Limburg (1), Barbara Schmidt (1), Bernhard Perrefort (1), privat (1)
Von Volker Thies
„Heinrich, mach doch. Du kannst das doch.“ So hat es Heinrich Linnighäuser auf seinem Lebensweg immer wieder gehört; auf einem Lebensweg, der schließlich zum Ziel, der Priesterschaft, führte.
In seinem Fall handelte es sich um eine späte Berufung: Vor genau 25 Jahren, als 46-Jähriger, empfing er die Priesterweihe. Diejenigen, die ihm immer wieder Mut machten, einen weiteren Schritt auf seinem Weg zu nehmen, waren seine vielen Freunde unter den Priestern und Mitarbeitern der Kirche. Dieses „Heinrich, mach doch“ empfand Heinrich Linnighäuser nie als Drängen. „Ich glaube, der Wunsch hat schon immer im Herzen geschlummert“, sagt Linnighäuser, wenn er zurückblickt. Heinrich Linnighäuser stammt aus dem Frankfurter Stadtteil Bornheim, was man ihm immer noch anhört. In jungen Jahren durchlebte er, was man fast schon eine „katholische Bilderbuchkarriere“ nennen könnte: Obermessdiener, Jugendleiter in der Pfarrgemeinde, schließlich für einige Jahre auch Stadtleiter der Katholischen Männergemeinschaft. Doch beruflich ging es in eine andere Richtung. Nach der Volksschule absolvierte Heinrich Linnighäuser eine Bäckerlehre.
Er hatte schon rund neun Jahre in diesem Beruf gearbeitet, als 1964 im Frankfurter Süden die Gemeinde St. Bonifatius einen Küster suchte. Der kirchennahe Bäcker überlegte kurz, bewarb sich und wurde genommen. „Ich hatte auch gedacht, dass ich dann nicht mehr so früh aufstehen und vielleicht auch ein bisschen weniger arbeiten müsste“, gesteht Heinrich Linnighäuser augenzwinkernd. „Aber genau das Gegenteil war der Fall.“
Das Gelernte auch praktisch anwenden
Als Küster lernte er viele Kirchenmitarbeiter kennen, von denen manche gute Freunde wurden. Von ihnen kam das „Heinrich, mach doch“. Und Heinrich machte: Abendkurse zur Kinder- und Jugendbetreuung, den theologischen Fernkurs Würzburg und andere Weiterbildungen. Schließlich wollte er das Gelernte auch praktisch anwenden. Die Gelegenheit ergab sich, als in der Frankfurter Gemeinde St. Matthias eine Stelle als Gemeindereferent frei wurde. Bald nahm Linnighäuser den nächsten Schritt in Angriff: die Ausbildung und 1973 schließlich die Weihe zum Diakon.
Obwohl die Gemeinde in Frankfurt ihn gerne behalten hätte, folgte bald der Wechsel nach Braunfels in die Gemeinde St. Anna, wo er sich insbesondere um die Filialgemeinde in Solms kümmerte.
Doch dabei sollte es nicht bleiben. 1983 begann er sein Studium an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt. „Ich hatte da als 43-Jähriger schon Bedenken wegen der jungen Leute, die gerade ihr Abitur oder eine Berufsausbildung gemacht hatten. Aber das war eine richtig kollegiale Atmosphäre“, erinnert sich Heinrich Linnighäuser. Am 21. Juni 1986 kam dann der große Tag: die Priesterweihe im Limburger Dom. Als ganz besonderer Besucher kam an diesem Tag sein Bäcker-Lehrherr. „Mein Bub, und jetzt Priester“, sagte der alte Mann unter Freudentränen.
Nach der Weihe ging es schnell wieder an die Arbeit. Der nicht mehr ganz junge Neu-Priester kam als Kaplan nach Dillenburg. „Eine große Gemeinde mit vielen Orten und vielen Kirchen. Da habe ich erst mal geschluckt“, erinnert sich Heinrich Linnighäuser. „Aber dann habe ich mir gedacht: Wenn die dich nach Dillenburg schicken, dann trauen die dir auch was zu.“
Vor allem mit den Menschen sprechen
Schließlich folgte 1990 der Wechsel auf die eigene Pfarrstelle mit den drei Westerwaldorten Niederelbert, Oberelbert und Welschneudorf bei Montabaur. „Den Menschen eine Brücke bauen zu Jesus: Das war immer mein Leitspruch“, beschreibt Heinrich Linnighäuser seine Arbeit. Sicher habe er in den 20 Jahren als Pfarrer auch Konzepte ausgearbeitet oder sich um die Verwaltung, beispielsweise der Kindergärten, gekümmert. Aber vor allem habe er direkt mit den Menschen ins Gespräch über Jesus kommen wollen.
„Das Organisatorische muss auch erledigt werden, aber wenn man da Menschen hat, auf die man sich verlassen kann, dann lässt sich das auch bewältigen“, sagt der Pfarrer. So hat er es auch gehalten, als er 1996 und 2010 für einige Monate als Pfarrverwalter die Nachbargemeinden mit betreute, als er 1992 erst stellvertretender Dekan und 1995 Dekan des Dekanats Montabaur wurde und als er von 2005 an den Pastoralen Raum „Stelzenbachgemeinden“ leitete.
2010 ging Pfarrer Heinrich Linnighäuser in den Ruhestand, nachdem er sein Amt sechs Jahre länger als die Pflichtzeit ausgefüllt hatte. Seitdem lebt er im Mutterhaus der Barmherzigen Brüder von Montabaur. „Ich bedanke mich für die liebevolle Aufnahme“, sagt er mit Blick auf das Gemeinschaftsleben. Wenn Not am Mann ist, übernimmt er weiterhin Gottesdienst-Vertretungen oder schaut nach Menschen aus seiner alten Pfarrei, die in Montabaur im Krankenhaus liegen. Jetzt aber freut er sich erst einmal auf die Feier des 25-jährigen Jubiläums zusammen mit seinen Weihekollegen.
In seiner ehemaligen Pfarrei St. Joseph, Niederlebert, feiert Linnighäuser sein Weihejubiläum am 3. Juli, 10.15 Uhr, mit einem Familiengottesdienst, den der Kindergarten St. Antonius mitgestaltet.
Zur Sache
Sechs Jubilare
Im Juni gratuliert das Bistum Limburg sechs Seelsorgern zu Weihejubiläen: Pfarrer Joseph Maria Beaujaud ist seit 65 Jahren Priester. Am 21. Juni begehen fünf Geistliche Silbernes Pries-terjubiläum: Sie wurden 1986 im Limburger Dom geweiht. „Der Sonntag“ stellt, sozusagen stellvertretend für seine Amtsbrüder, Pfarrer Heinrich Linnighäuser in einem Portrait vor.
Zur Person
Silberjubilare
Pfarrer Matthias Ohlig war von 1990 bis 1995 Bezirksvikar und Jugendpfarrer im Bezirk Wetzlar, bevor er von 1995 bis 1998 als Pfarrer in Schöffengrund-Schwalbach tätig war. Knapp zehn Jahre leitete er bis 2008 das Dekanat Wetzlar. Seit 2008 ist Ohlig Pfarrer der Gemeinden St. Ferrutius in Taunusstein-Bleidenstadt, Herz Mariä in Taunusstein-Wehen und St. Johannes-Nepomuk in Taunusstein-Hahn. Darüber hinaus betreute er seit 2008 als Priesterlicher Leiter den Pastoralen Raum Taunusstein/Aarbergen-Hohenstein.
Prälat Wolfgang Pax wurde 1958 in Bad Iburg geboren. In den Bezirken Untertaunus und Wiesbaden war er als Bezirksvikar und Jugendpfarrer tätig. 1994 kam Pax als Pfarrverwalter in die Gemeinde Heilige Familie Wiesbaden, die er bis 1995 betreute. Bis 2005 war er als Diözesanjugendpfarrer im Bistum Limburg tätig. 2007 promovierte er zum Doktor der Philosophie. Seit August 2010 leitet Wolfgang Pax das Kommissariat der Katholischen Bischöfe im Lande Hessen.
Pfarrer Thomas Schmidt, 1959 in Villmar geboren, ist seit 1989 als Arbeiterpriester in Frankfurt
tätig. Die Frankfurter Pfarrei Maria Hilf betreute er von 1991 bis 1992 zunächst als Pfarrverwalter und seit 2005 als Leitender Priester. Seit 2005 steht er auch der Pfarrei St. Gallus als Leitender Priester und dem Pastoralen Raum Frankfurt-Gallus als Pries-terlicher Leiter vor.
Pfarrer Wolfgang Steinmetz, 1950 in Bad Homburg geboren, war im Seelsorgebezirk Mainz von 1990 bis 1996 Militärgeistlicher. Von 1995 bis 2005 übernahm er als Leitender Priester die Seelsorge in der Pfarrei St. Dionysius in Frankfurt-Sindlingen. Der Seelsorger ist seit 1997 Berufsschulpfarrer an der Frankfurter Werner-von-Siemens-Schule.
Eisernes Jubiläum
Den 65. Jahrestag seiner Pries-terweihe hat Pfarrer Joseph Maria Beaujaud am 16. Juni gefeiert. Geboren 1920 in Frank-reich, wurde er 1946 in Poitiers zum Priester geweiht. 1966 kam Joseph Maria Beaujaud als Kaplan in die Frankfurter Pfarrei St. Aposteln. Dort war er anschließend als Gemeindepfarrer sowie als Seelsorger für die französischsprachigen Katholiken tätig. 2006 trat er in den Ruhestand. 2010 kehrte er in seine Heimatdiözese zurück. (ids)